Menschenhandel geht mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher: mit Unfreiheit, Zwang, Gewalt und massiver wirtschaftlicher Ausbeutung. Menschenhandel findet tagtäglich in Deutschland statt - in der Pflege, im Haushalt, in der Prostitution, Landwirtschaft, Fleischindustrie oder auf dem Bau. Betroffene brauchen Zugang zu Schutz und wirksame Unterstützung. Viele Menschen, die in prekären Verhältnissen arbeiten, werden durch Zwang, Gewalt oder Bedrohung in ihrer Selbstbestimmung derart eingeschränkt, dass sie nicht mehr frei über ihre Arbeitskraft entscheiden können und wirtschaftlich massiv ausgebeutet werden. Insbesondere Frauen, die nicht freiwillig als Prostituierte arbeiten oder die nicht mit den Bedingungen in der Prostitution einverstanden sind, erfahren darüber hinaus massive Verletzungen ihrer sexuellen Integrität. Geflüchtete, Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen mit fehlenden Sprach- und Rechtskenntnissen sind besonderes verletzlich und damit anfällig für Ausbeutung.
Den verschiedenen Formen von Menschenhandel liegt ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: Menschen werden mit dem Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung massiv in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt und grundlegend in ihren Rechten verletzt. Die Übergänge zwischen schwerer Ausbeutung und Menschenhandel sind fließend.
Nach der Identifizierung der Betroffenen sowie vor und im Laufe des Strafverfahrens gilt es, die Einhaltung ihrer grundlegenden Rechte zu wahren. Die Menschenrechte verpflichten den Staat nicht nur zu effektiver Strafverfolgung und Prävention, sondern geben auch Maßstäbe für den Umgang mit Betroffenen vor.
Bereits 2011 ist die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates, die sogenannte Menschenhandelsrichtlinie, in Kraft getreten. Sie muss von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Seit 2013 ist in Deutschland die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel in Kraft und rechtsverbindlich. 2019 hat die Expert*innengruppe GRETA des Europarates die Umsetzung der Konvention in Deutschland zum zweiten Mal überprüft. Die Liste der Empfehlungen, die der Ausschuss der Bundesregierung vorgelegt hat, ist seit der ersten Überprüfung 2015 nicht etwa kürzer, sondern länger geworden. Vor allem die vordringlichen Empfehlungen (siehe Zentrale Anliegen) sind bisher noch nicht ausreichend umgesetzt. Für das Jahr 2023 steht nun die dritte Prüfung zum Umsetzungsstand durch die Expert*innengruppe GRETA an.
Im November 2022 wurde am Institut die Berichterstattungsstelle Menschenhandel eingerichtet (Zur Seite der Berichterstattungsstelle Menschenhandel).
Der Einrichtung, Ausgestaltung und Arbeitsweise der Berichterstattungsstelle liegt ein vom Deutschen Institut für Menschenrechte im Auftrag des BMFSFJ erarbeitetes Gesamtkonzept zugrunde. Es umfasst auch das Konzept der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt.