Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Recht auf Bildung

Bildung ist ein Menschenrecht. Das Recht auf Bildung ist bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 enthalten und wird in verschiedenen späteren Menschenrechtskonventionen erneut aufgegriffen und ausdifferenziert. Das Recht auf Bildung gilt als Schlüssel für den Zugang zu weiteren Menschenrechten. Dabei beziehen sich menschenrechtliche Vorgaben zu Bildung sowohl auf die Rahmenbedingungen als auch auf Bildungsinhalte und -ziele.

Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für die aktive politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Teilhabe an der Gesellschaft. Das Menschenrecht auf Bildung ist die Grundlage dafür, dass Menschen ihre Rechte kennen und aktiv ausüben können.

Zentrale Anliegen

  • In allen Bildungsbereichen sollen diskriminierende Aspekte weiter abgebaut werden. Der Schutz vor Diskriminierung ist für Lernende zentral und die Voraussetzung, damit das Menschenrecht auf Bildung für alle gewährleistet ist. Diskriminierungen wirken im Bildungssystem auf unterschiedliche Weise. So können formale Ausschlüsse bestehen (etwa für Personen mit Beeinträchtigungen oder für Menschen mit Fluchtgeschichte) oder institutionelle Mechanismen zu Benachteiligungen führen (etwa bei Übergangsempfehlungen zur weiterführenden Schule).
  • Das Menschenrecht auf Bildung nennt verbindliche Vorgaben bezüglich der Bildungsziele. Hierzu zählen etwa die volle Entfaltung der Persönlichkeit, Menschenrechtsbildung und der Abbau von Diskriminierungen. Diese Ziele sollen systematisch auf allen Ebenen des Bildungssystems verankert werden. Entsprechend müssen Lehr- und Lernmaterialien überarbeitet und zum Beispiel auch auf stereotype und diskriminierende Inhalte und Abbildungen überprüft werden.
  • Personen mit Leitungsaufgaben, Pädagog*innen, Vertreter*innen von Schulbehörden und weitere Verantwortliche sind systematisch über die menschenrechtliche Dimension von Bildung und die daraus für sie resultierenden Verpflichtungen aus- und fortzubilden. Sie alle sollen darin gestärkt werden, ihrer menschenrechtlichen Verantwortung entsprechend zu handeln.

Das Recht auf Bildung

Präambel und Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

Artikel 26 - Recht auf Bildung

„1. Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.

2. Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen ethnischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.

3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.“

Englischer Originaltext: Article 26

„1. Everyone has the right to education. Education shall be free, at least in the elementary and fundamental stages. Elementary education shall be compulsory. Technical and professional education shall be made generally available and higher education shall be equally accessible to all on the basis of merit.

2. Education shall be directed to the full development of the human personality and to the strengthening of respect for human rights and fundamental freedoms. It shall promote understanding, tolerance and friendship among all nations, racial or religious groups, and shall further the activities of the United Nations for the maintenance of peace.

3. Parents have a prior right to choose the kind of education that shall be given to their children.“

Artikel 13 des UN-Sozialpaktes

„(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stimmen überein, dass die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss. Sie stimmen ferner überein, dass die Bildung es jedermann ermöglichen muss, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, dass sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fördern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muss.“

Artikel 28 und 29 der UN-Kinderrechtskonvention

Artikel 28 - Recht auf Bildung; Schule; Berufsausbildung

„(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen, werden sie insbesondere

a) den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und unentgeltlich machen;

b) die Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen;

c) allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln ermöglichen;

d) Bildungs- und Berufsberatung allen Kindern verfügbar und zugänglich machen;

e) Maßnahmen treffen, die den regelmäßigen Schulbesuch fördern und den Anteil derjenigen, welche die Schule vorzeitig verlassen, verringern. [...]“

Artikel 29 - Bildungsziele; Bildungseinrichtungen

„1) Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss,

a) die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen;

b) dem Kind Achtung vor den Menschen-rechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln;

c) dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt, und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln;

d) das Kind auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten;

e) dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln. [...]“

Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention

„(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel,

a) die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;

b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;

c) Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.[...]“

Verpflichtungen des Staates zur Bekämpfung von Diskriminierung und Bewusstseinsbildung

Hinzu kommen die Verpflichtungen des Staates zur Bekämpfung von Diskriminierung und Bewusstseinsbildung, wie sie in Artikel 10c der UN-Frauenrechtskonvention, Artikel 7 der UN-Konvention gegen rassistische Diskriminierung und Artikel 8 der UN- Behindertenrechtskonvention beschrieben sind.

Das Recht auf Bildung wird in unterschiedlichen Menschenrechtsdokumenten beschrieben:

Das Recht auf inklusive Bildung

Das Recht auf inklusive Bildung stellt Deutschland vor große Herausforderungen. Hinter der Aufgabe, „ein inklusives Bildungssystem“ aufzubauen und zu unterhalten, verbirgt sich eines der größten bildungspolitischen Reformvorhaben der kommenden Jahrzehnte. Das betrifft alle Bereiche der Bildung – von der frühkindlichen Bildung über die Hoch- und Fachschulen bis zur Erwachsenenbildung.

Das 4A-Schema

Analyseraster des 4A-Schemas

availability (Verfügbarkeit)

Bildungseinrichtungen und benötigte Ressourcen müssen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen und funktionsfähig sein (kontextabhängig).

accessibility (Zugänglichkeit)

Formale und faktische nichtdiskriminierung physische Zugänglichkeit sowie wirtschaftliche Zugänglichkeit: Bildung muss für alle erschwinglich sein (kostenlose Grundbildung).

acceptability (Annehmbarkeit)

Form und Inhalt von Bildung müssen auf die Bedürfnisse und lebenslagen der Kinder/Eltern abgestimmt sein (d. h. relevant, kulturell angemessen, hochwertig). Die in den Un-Konventionen festgelegten Bildungsziele sind zu beachten.

adaptability (Adaptierbarkeit)

Bildung muss flexibel sein: Sie muss sich an gesellschaftliche Verände­rungen anpassen sowie an die Bedürfnisse der lernenden, die von vielfältigen sozialen und kulturellen Gegebenheiten geprägt sind.

Für die Überprüfung der Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung haben sich auf UN-Ebene die vier Begriffe Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Annehmbarkeit und Adaptierbarkeit durchgesetzt. Insbesondere die Sonderberichterstattung zum Recht auf Bildung und der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nutzten diese Einteilung. Diese wird auch als „4A-Schema“ (für die englischen Begriffe availability, acessability, acceptability und adaptability) bezeichnet.

UN-Sonderberichterstattung zum Menschenrecht auf Bildung

Das Recht auf Bildung ist in diversen Konventionen verankert. Seine Einhaltung und Umsetzung wird von den einzelnen Ausschüssen überwacht, und darüber hinaus durch die Sonderberichterstattung, die 1998 zum Recht auf Bildung eingeführt wurde.

Die Aufgaben der UN-Sonderberichterstattung zum Menschenrecht auf Bildung umfassen Länderbesuche, jährliche Berichte an den UN-Menschenrechtsrat und an die UN-Generalversammlung, die Bearbeitung von individuellen Beschwerden sowie die Entwicklung eines konstruktiven Dialogs mit Regierungen, der Zivilgesellschaft und anderen relevanten Akteuren, um Lösungen für die Umsetzung des Rechts auf Bildung zu identifizieren. Diese Aufgaben werden ehrenamtlich von unabhängigen Expert*innen übernommen.

Der aktuelle UN-Sonderberichterstatter ist Kishore Singh (seit 2010), zuvor waren dies Vernor Muñoz Villalobos (2004–2010), sowie Katarina Tomasevski (1998–2004).

Publikationen zu diesem Thema

Ansprechpartner*in

© DIMR/B. Dietl

Jana Kind

Assistentin der Abteilungsleitung

Telefon: 030 259 359 - 484

E-Mail: kind(at)institut-fuer-menschenrechte.de

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