Menschenhandel geht mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher: mit Unfreiheit, Zwang, Gewalt und massiver wirtschaftlicher Ausbeutung. Menschenhandel findet tagtäglich in Deutschland statt – in der Pflege, im Haushalt, in der Prostitution, in der Landwirtschaft, der fleischverarbeitenden Industrie oder im Baugewerbe. Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung durch Bettelei, Ausnutzung strafbarer Handlungen oder die rechtswidrige Organentnahme sind Straftatbestände. Betroffene brauchen daher Zugang zu Schutz und wirksame Unterstützung. Menschen, die in prekären Verhältnissen arbeiten, werden durch Zwang, Gewalt oder Bedrohung in ihrer Selbstbestimmung derart eingeschränkt, dass sie nicht mehr frei über ihre Arbeitskraft entscheiden können und wirtschaftlich ausgebeutet werden. Insbesondere Frauen, die nicht freiwillig als Prostituierte arbeiten oder nicht mit den Bedingungen in der Prostitution einverstanden sind, erfahren darüber hinaus massive Verletzungen ihrer sexuellen Integrität. Geflüchtete, Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen mit fehlenden Sprach- und Rechtskenntnissen sind besonderes verletzlich und damit anfällig für Ausbeutung.
Den verschiedenen Formen von Menschenhandel liegt ein gemeinsamer Mechanismus zugrunde: Menschen werden mit dem Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt und grundlegend in ihren Rechten verletzt. Die Übergänge zwischen Ausbeutung und Menschenhandel sind fließend.
Nach der Identifizierung der Betroffenen sowie vor und im Laufe des Strafverfahrens gilt es, die Einhaltung ihrer grundlegenden Rechte zu wahren. Die Menschenrechte verpflichten den Staat nicht nur zu effektiver Strafverfolgung und Prävention, sondern geben auch Maßstäbe für den Umgang mit Betroffenen vor.
Bereits 2011 ist die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer, die sogenannte Menschenhandelsrichtlinie, in Kraft getreten. Sie wurde in Deutschland 2016 in nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie wurde im Juni 2024 reformiert und durch die Richtlinie (EU) 2024/1712 zur Änderung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer ersetzt. Die neue Richtlinie wurde am 24. Juni 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie ist am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung, am 14. Juli 2024, in Kraft getreten. Gemäß Art. 2.1 der Richtlinie (EU) 2024/1712 endet die Umsetzungsfrist zwei Jahre nach Inkrafttreten am 15. Juli 2026. Bis dahin haben die Mitgliedsstaaten Zeit, die geänderte Richtlinie in einzelstaatliches Recht umzusetzen. Dabei wurden unter anderem als vorher nicht erfasste spezifische Formen der Ausbeutung im Zusammenhang mit Menschenhandel, Leihmutterschaft, Zwangsheirat und illegale Adoption, aufgenommen.
Seit 2013 ist in Deutschland die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel in Kraft und rechtsverbindlich. 2019 hat die Expert*innengruppe GRETA des Europarates die Umsetzung der Konvention in Deutschland zum zweiten Mal überprüft. Eine dritte Prüfung wurde im Jahr 2023 durchgeführt. Auch nach dieser Prüfung steht noch eine ganze Reihe vordringlicher Empfehlungen („Zentrale Anliegen“) zur Umsetzung aus.
Im November 2022 wurde am Institut die Berichterstattungsstelle Menschenhandel eingerichtet (Zur Seite der Berichterstattungsstelle Menschenhandel). Der Einrichtung, Ausgestaltung und Arbeitsweise der Berichterstattungsstelle liegt ein vom Deutschen Institut für Menschenrechte im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erarbeitetes Gesamtkonzept zugrunde. Es umfasst auch das Konzept der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt.