Vereinte Nationen: Menschenrechtsabkommen

Sozialpakt (ICESCR)

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, ICESCR, Sozialpakt) wurde am 16. Dezember 1966 gemeinsam mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet (Resolution 2200A (XXI)). Er trat am 03. Januar 1976 völkerrechtlich in Kraft. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte bilden zusammen mit den bürgerlichen und politischen Rechten eine unteilbare Einheit.

Der Sozialpakt verpflichtet Staaten dazu, diskriminierungsfreien Zugang zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten zu gewährleisten, darunter die Rechte auf Gesundheit, Bildung, Arbeit, Wohnen, Wasser, Sanitärversorgung und Teilhabe am kulturellen Leben. Artikel 2 (1) des Sozialpakts legt eine progressive Umsetzung dieser Rechte fest: Vertragsstaaten müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Rechte fortschreitend für alle zu verwirklichen.

Das Fakultativprotokoll zum Sozialpakt trat am 5. Mai 2013 völkerrechtlich in Kraft. Es beinhaltet ein Individualbeschwerde- und Untersuchungsverfahren sowie ein Staatenbeschwerdeverfahren.

Texte und Ratifikationsstand

Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wurde von der Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen ratifiziert, das Fakultativprotokoll von 24 Staaten (Stand September 2020). Den aktuellen Stand der Ratifikation verzeichnet die United Nations Treaty Collection.

UN Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Committee on Economic, Social and Cultural Rights, CESCR) wurde vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen  beauftragt, die progressive Umsetzung der im Sozialpakt garantierten Rechte durch die Prüfung von Staatenberichten nach Artikel 16 und 17 des Pakts zu kontrollieren. Seit Inkrafttreten des Fakultativprotokolls kann der Ausschuss auch Individualbeschwerden gegen einen Vertragsstaats des Protokolls prüfen, Staatenbeschwerden entgegennehmen und Untersuchungen vor Ort durchführen. Der Ausschuss setzt sich aus 18 Expert*innen zusammen und tritt in der Regel zweimal jährlich für die Dauer von jeweils vier Wochen in Genf zusammen.

Eine umfassende Dokumentation der Arbeit des Ausschusses gibt es auf der Website des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR).

Staatenberichtsverfahren

Staaten, die den Sozialpakt ratifiziert haben, müssen einen Erstbericht zwei Jahre nach Inkrafttreten einreichen, danach alle fünf Jahre einen Staatenbericht.

Eine tagungsvorbereitende Arbeitsgruppe des Ausschusses erarbeitet eine Liste mit Fragen (List of issues) zu den Staatenberichten. Die Fragen werden den jeweiligen Staaten zugeschickt. Es wird erwartet, dass die Staaten noch vor dem Termin der Berichtsprüfung in Genf eine schriftliche Antwort an den Ausschuss übermitteln.

Ab 2020 arbeitet der Ausschuss mit einem vereinfachten Berichtsverfahren, wenn der betreffende Staat darin einwilligt. Der Staatenbericht orientiert sich dabei an einer Fragenliste, der „List of Issues Prior to Reporting“ (LOIPR), die der Ausschuss vorab erstellt hat. Die Regierungen haben ein Jahr Zeit, um diese Fragen in ihrem Staatenbericht zu beantworten.

Die mündliche Überprüfung des Berichts findet in Form eines konstruktiven Dialogs zwischen dem Ausschuss und einer Regierungsdelegation in einer öffentlichen Sitzung in Genf statt. Anschließend verabschiedet der Ausschuss seine Abschließenden Bemerkungen (Concluding Observations), in denen er seine wichtigsten Kritikpunkte zusammenfasst und Empfehlungen zur besseren Umsetzung des Pakts formuliert. Nationale Menschenrechtsorganisationen und zivilgesellschaftliche Organisationen, Wissenschaftler*innen, UN-Agenturen sowie UN-Sonderverfahren und andere Akteur*innen können sich mit eigenen Berichten oder sonstigen Eingaben am Staatenberichtsverfahren beteiligen.

Eine Übersicht über frühere und geplante Sitzungen des Ausschusses zur Überprüfung von Staatenberichten gibt es in der Rubrik „Sessions“ auf der Website des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR).

Individualbeschwerdeverfahren

Seit Inkrafttreten des Fakultativprotokolls zum Sozialpakt kann der Ausschuss auch Individualbeschwerden gegen einen Staat entgegennehmen, sofern der betreffende Staat das Fakultativprotokoll ratifiziert und damit das Beschwerdeverfahren anerkannt hat.

In der Beschwerde kann eine Einzelperson darlegen, warum sie der Meinung ist, durch den Vertragsstaat in einem oder mehreren vom Sozialpakt garantierten Rechten verletzt zu sein. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn davor der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft und die Sache noch nicht von einem anderen internationalen Gremium geprüft wird.

Ist eine Beschwerde zulässig, fordert der Ausschuss den Staat zu einer Stellungnahme auf. Nach einer eingehenden Prüfung teilt der Ausschuss dann seine Auffassung mit, ob eine Verletzung vorliegt oder nicht und verbindet diese mit Handlungsempfehlungen an den Staat. Die Empfehlungen des Ausschusses sind zwar rechtlich nicht bindend, dennoch ist der Vertragsstaat dazu aufgefordert, sich damit auseinander zu setzen und innerhalb von sechs Monaten schriftlich darauf zu antworten.

Eine Übersicht über die vom CESCR-Ausschuss geprüften Individualbeschwerden gibt es auf der Website des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) in der Jurisprudence database.

Untersuchungsverfahren und Staatenbeschwerdeverfahren

Das Fakultativprotokoll zum Sozialpakt berechtigt den Ausschuss, Untersuchungen vor Ort durchzuführen. Auslöser eines Untersuchungsverfahrens sind Informationen an den Ausschuss, dass in einem Vertragsstaat schwerwiegende oder systematische Verletzungen von Paktrechten vorkommen. Der Ausschuss kann nach Erhalt der Informationen entscheiden, ob er eine Prüfung der Situation vornehmen möchte. Sollte ein Untersuchungsverfahren eingeleitet werden, wird der Vertragsstaat zur Mitwirkung an diesem Verfahren aufgefordert. Das vertrauliche Verfahren endet mit einer abschließenden Bewertung und damit verknüpften Empfehlungen durch den Ausschuss.

Das Protokoll sieht auch ein Staatenbeschwerdeverfahren vor. Mit einer Staatenbeschwerde kann ein Staat mitteilen, dass ein anderer Vertragsstaat den Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nachkommt. Der Ausschuss befasst sich damit aber erst inhaltlich, wenn die Staaten bilateral nicht zu einer zufrieden stellenden Lösung gekommen sind.  

Allgemeine Bemerkungen (General Comments)

Seit 1989 erarbeitet der Ausschuss Allgemeine Bemerkungen (General Comments, GC) zu verschiedenen Artikeln und Bestimmungen des Sozialpaktes, die den Pakt näher auslegen und die Vertragsstaaten bei der Erfüllung ihrer Berichtspflichten unterstützen.

Für die folgende Übersicht wurden die Themen der Allgemeinen Bemerkungen ins Deutsche übersetzt.

Eine vollständige Übersetzung der Allgemeinen Empfehlungen Nr. 1—15 wurde veröffentlicht in:

Deutsches Institut für Menschenrechte (Hg.) (2005): Die »General Comments« zu den VN-Menschenrechtsverträgen. Deutsche Übersetzung und Kurzeinführungen. Baden-Baden: Nomos.  Kapitel 2: Die Allgemeinen Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (online frei zugänglich).

Weitere deutsche Übersetzungen sind mit einem Link gekennzeichnet.

Die offiziellen englischen Texte der General Comments sind in der Datenbank des Hochkommissariats für Menschenrechte abrufbar.

Beteiligungsmöglichkeiten für zivilgesellschaftliche Organisationen (NGOs)

Der Sozialpakt-Ausschuss begrüßt Berichte und Informationen von zivilgesellschaftlichen Organisationen als Ergänzung zum Staatenbericht. Dabei können Informationen in allen Stadien des Staatenberichtsverfahrens eingereicht werden, beginnend mit der Sitzung der tagungsvorbereitenden Arbeitsgruppe über den Termin zur Berichtsprüfung bis hin zum Follow-up Bericht des Staates.

Sowohl für die Sitzung der tagungsvorbereitenden Arbeitsgruppe als auch vor dem Termin der Berichtsprüfung räumt der Ausschuss Zeit für informelle Treffen mit NGOs ein. Während der Berichtsprüfung und dem „konstruktiven Dialog“ des Ausschusses mit der Regierungsdelegation haben NGOs kein Rederecht. Sie können jedoch beobachtend teilnehmen.

Nichtregierungsorganisationen können auch an der Formulierung von Allgemeinen Empfehlungen mitwirken und im Rahmen von Konsultationen Vorschläge beim Ausschuss einreichen.

Umsetzung des Sozialpakts in Deutschland

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