Geförderte Projekte

Papiere von Anfang an. Warum eine Geburtenregistrierung den Zugang zum Recht erschließt

Ein eingewickeltes Baby mit Armband vor einer Geburtsurkunde mit deutschem Bundesadler
© DIMR/D. Ferenczy

Ziele

Eine Geburtsurkunde ist das zentrale Dokument, das die Existenz eines Menschen belegt und ihn dazu ermächtigt, einem Staat gegenüber seine Rechte geltend zu machen, eine Staatsangehörigkeit und später einen Pass zu erhalten oder auch zu heiraten. In dem von der CMS-Stiftung mitfinanzierten Projekt soll ein Informationstool entwickelt und verbreitet werden, das alle wichtigen Informationen rund um die Geburtenregistrierung bündelt. Dieses Tool kann zum Beispiel eine Broschüre sein, eine App oder Webseite.

Kurzbeschreibung des Projekts

Artikel 7 der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Staaten, jedem Kind unverzüglich nach der Geburt eine Geburtsurkunde auszustellen. Trotz dieser klaren gesetzlichen Regelung gibt es Kinder, die in Deutschland geboren werden, aber keine Geburtsurkunde erhalten. Dies ist der Fall, wenn die Eltern ihrerseits nicht in der Lage sind, ihre Identität mit einem Dokument zu belegen, zum Beispiel, weil sie geflüchtet sind. Die zuständige Person im Standesamt kann in einem solchen Fall nach dem Personenstandsgesetz (PStG) eine Geburtsurkunde ausstellen, muss dies aber nicht tun. Die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention erhält immer wieder Hinweise, dass Standesämter bei Neugeborenen von Eltern ohne Papiere die Niederschrift einer Geburtsurkunde vertagen beziehungsweise lediglich einen sogenannten beglaubigten Geburtenregisterauszug (vgl. § 35 Absatz 1 Satz 2 PStG) ausstellen. Diese Ersatzbescheinigung kann zwar zur Vorlage bei Behörden dienen, etwa um Elterngeld zu beantragen; sie wird jedoch nicht überall anerkannt. Auch wenn der Registerauszug von Gesetzes wegen einer Geburtsurkunde gleichgestellt ist (vgl. §  54 Absatz 2 PStG), zeigt sich, dass dies in der Praxis faktisch nicht der Fall ist. Problemanzeigen erreichen uns zum Beispiel von Sozialarbeitenden, die in Erstaufnahmeeinrichtungen oder Notunterkünften tätig sind, von Kinderärzt*innen oder aus der Anwaltschaft.

Zugang zum Recht erschwert

Wenn ein Kind über mehrere Monate oder sogar Jahre weder Geburtsurkunde noch Geburtenregisterauszug besitzt, ist es in dieser Zeit für den Staat „unsichtbar“. Dies bedeutet für die Mutter oder die Eltern, dass ihnen soziale Leistungen verwehrt werden können. Ebenso ist der Zugang zu medizinischen Leistungen erschwert, dazu gehören zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Auch im späteren Leben hat ein Mensch ohne Geburtsurkunde immer wieder Probleme, seine Rechte in Anspruch zu nehmen, etwa wenn er heiraten oder eine Erbschaft antreten möchte.

Im Fokus des Projekts stehen die zwei Berufsgruppen Sozialarbeitende und Standesbeamt*innen. Erstere können geflüchtete Mütter beziehungsweise Eltern über die Wichtigkeit einer Geburtsurkunde aufklären und sie auf diese Weise beim Zugang zum Recht unterstützen; letztere sind für das Ausstellen der Dokumente zuständig. Befragungen der Monitoring-Stelle haben ergeben, dass Sozialarbeitende, Hebammen und Kinderärzt*innen häufig zu wenig Kenntnis haben von den bestehenden gesetzlichen Regelungen im Personenstandsrecht. Standesbeamt*innen wiederum schöpfen die gesetzlichen Möglichkeiten oftmals nicht aus; ihnen ist nicht bewusst, welche unmittelbaren Folgen es für die Kinder im Alltag haben kann, wenn die Sorgeberechtigten auf Ämtern oder in der Kinderarztpraxis kein amtliches Dokument ihres Kindes vorlegen können.

Begleitung durch Beirat

Das Ziel ist es, die zwei genannten Berufsgruppen für die Bedeutung einer Geburtsurkunde zu sensibilisieren und ihnen Kenntnisse über die kinder- und menschenrechtlichen Vorgaben zu vermitteln. Um dies zu erreichen, möchte die Monitoring-Stelle alles Wissenswerte rund um die Geburtenregistrierung und die kinderrechtskonforme Anwendung der betreffenden Gesetze bündeln, aufbereiten und verbreiten. Damit die Informationen niedrigschwellig und unkompliziert genutzt werden können, wird im Laufe des Projekts ein für die Zielgruppen passgenaues Informationstool entwickelt. Zur Unterstützung und Begleitung dieses Vorhabens soll ein Beirat einberufen werden, der die Konzeption des Informationstools unterstützt und sicherstellt, dass Perspektiven aus der Praxis mitgedacht werden. Aufgabe des Beirats soll es insbesondere sein, das passende Format für das Tool herauszufinden. Dies kann zum Beispiel eine App sein, oder auch eine Webseite oder eine Broschüre.

Zielgruppen

Standesbeamt*innen und Sozialarbeitende, die in Unterkünften für Geflüchtete tätig sind.

Beteiligte Personen/Projektmitarbeiter*innen

Claudia Kittel, Sophie Funke, Paola Carega

Förderzeitraum

Juni 2021 – 31. Dezember 2022

Förderung

Publikationen zu diesem Thema

Weitere Informationen

Ansprechpartner*in

Sophie Funke

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Telefon: 030 259 359 - 475

E-Mail: funke(at)institut-fuer-menschenrechte.de

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