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Menschenrechtsbericht 2021: „Die Pandemie hat eine große menschenrechtliche Dimension“

· Pressemitteilung

Berlin. Menschenrechte als verbindliche Richtschnur der Politik – nicht nur die neue Bundesregierung ist hier gefragt, auch für den neuen Bundestag gibt es viel zu tun.

„Menschenrechte sind verbindliche Vorgaben für die Politik. Sie begrenzen aber auch den staatlichen Handlungsspielraum. Menschenrechte verlangen insbesondere, Freiheit und Teilhabe jener Menschen zu sichern, die diskriminiert werden oder infolge von Armut oder als Geflüchtete in einer besonders verletzlichen Lage sind. Dieser Ansatz spiegelt sich erfreulicherweise in Teilen des Koalitionsvertrags“, erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, anlässlich der Vorstellung des 6. Menschenrechtsberichts am 9. Dezember.

Der Bericht an den Deutschen Bundestag liefert eine menschenrechtliche Bilanz des Zeitraums 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021. Er enthält zudem eine Reihe von Empfehlungen, zum Beispiel zur Triage, zu globaler Impfgerechtigkeit und zur Bekämpfung von Rassismus in Deutschland.

„Die Pandemie hatte und hat bis heute eine große menschenrechtliche Dimension“, so Rudolf. Das zeige sich besonders in Triage-Situationen. „Der Bundestag muss dringend gesetzlich regeln, welche Kriterien für Ärztinnen und Ärzte gelten sollen, wenn wegen überfüllter Intensivstationen unter den lebensbedrohlich erkrankten Personen ausgewählt werden muss. Die noch zu erwartende Lebenszeit, Einschätzungen zur Lebensqualität oder das Alter taugen nicht als Grundlage für solche Entscheidungen und dürfen auch nicht indirekt herangezogen werden.“ Die Bewertung von Menschenleben sei mit der Würde der Menschen unvereinbar.

Die Entstehung und Verbreitung der Omikron-Variante macht aus Sicht des Instituts konkret sichtbar, warum weltweite Impfgerechtigkeit unerlässlich ist. „Mehr globale Impfgerechtigkeit darf kein Akt der Barmherzigkeit bleiben. Gemäß UN-Sozialpakt hat Deutschland die menschenrechtliche Verpflichtung, andere Länder bei der Gewährleistung des Rechts auf Gesundheit zu unterstützen. Die Bundesregierung muss sich für Regelungen zur freiwilligen Patentweitergabe einsetzen.“

Der Bericht würdigt das 70-jährige Jubiläum der Genfer Flüchtlingskonvention. In diesem Zusammenhang kritisierte Rudolf den Umgang mit Schutzsuchenden an der polnischen Grenze zu Belarus. „Die Pushbacks von Schutzsuchenden durch polnische Grenzbeamte stellen einen eklatanten Bruch der Konvention dar. Polen muss den Zugang zum Asylverfahren gewährleisten. Deutschland sollte unverzüglich gegenüber Polen und auf EU-Ebene auf die Einhaltung der menschenrechtlichen Vorgaben drängen und Unterstützung durch die Übernahme von Asylsuchenden im Rahmen eines Relocation-Programms anbieten“, so Rudolf. Das Leben der Menschen im Grenzgebiet sei akut bedroht.

Der Bericht befasst sich auch mit Themen, zu denen das Institut schon seit Jahren arbeitet, zum Beispiel Rechtsextremismus und Rassismus:

„Deutschland hat zuletzt einiges auf den Weg gebracht, um Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen, doch es muss mehr geschehen“, konstatierte Institutsdirektorin Rudolf und forderte: „Der Bund und alle Länder sollten unabhängige Beschwerdestellen für Betroffene von rassistischer Polizeipraxis einrichten und Vorschriften, die rassistischen Polizeikontrollen Vorschub leisten, streichen.“ Zu begrüßen sei, dass die neue Bundesregierung das Amt des Beauftragten für Antisemitismus stärken und Beauftragte für Rassismus und Antiziganismus einsetzen wolle.

Der 6. Menschenrechtsbericht greift außerdem folgende Themen auf: Kinderrechte in Pandemie-Zeiten, Familienzusammenführung von Geflüchteten, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und Reform des Betreuungsrechts.

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