Im Fokus

Unabhängiges Monitoring von Kinder- und Jugendrechten in Hessen

Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-KRK: "Landesregierungen brauchen ein Monitoring, damit sie überprüfen können, ob ihre Maßnahmen greifen." © DIMR/B. Dietl

Hessen hat als erstes Bundesland das Deutsche Institut für Menschenrechte mit der Entwicklung eines Konzepts für ein unabhängiges Kinder- und Jugendrechte-Monitoring beauftragt. Nach der Konzeptphase hat das Institut nun  mit dem Kinder- und Jugendrechte-Monitoring in Hessen begonnen. Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts, erklärt, warum ein Ländermonitoring sinnvoll ist und wie Kinder- und Jugendrechte damit gestärkt werden.

Warum brauchen Bundesländer ein Kinder- und Jugendrechte-Monitoring?

Claudia Kittel: Die Landesregierungen brauchen ein Kinder- und Jugendrechte-Monitoring, damit sie regelmäßig überprüfen können, inwieweit ihre Maßnahmen zur Verwirklichung der Kinder- und Jugendrechte auch tatsächlich greifen. Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet Staaten die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Dazu gehört auch, mit dem Maßstab der einzelnen Artikel der UN-Kinderrechtskonvention zu schauen, wie diese Rechte in der nationalen Gesetzgebung oder beispielsweise in Rechtsverordnungen verankert sind, welche Programme und Maßnahmen eine Regierung unternimmt, um diese Rechte zu verwirklichen, und zuletzt, was die Kinder und Jugendlichen als Rechter-Inhaber*innen dazu sagen, wie gut diese Rechte aus ihrer Sicht verwirklicht ist. Da in Deutschland im Rahmen der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention auch die Länder der Konvention zugestimmt haben und darüber hinaus ja auch einige Kinder- und Jugendrechte in die Zuständigkeit der Länder fallen – so im Bereich der Bildung – braucht es ergänzend zum Monitoring auf Bundesebene eben auch ein Monitoring auf Landesebene.

Was sind die Kernanliegen des Konzeptes für ein Kinder- und Jugendrechte-Monitoring in Hessen?

Kittel: Kinder- und Jugendrechte-Monitoring bedeutet, die Umsetzung der Vorgaben aus allen 54 Artikeln der Konvention in Bund und Ländern zu prüfen. Niemand – auch nicht die Vereinten Nationen – erwartet, dass ein Vertragsstaat beziehungsweise ein Bundesland das in einem Rutsch macht. In Hessen haben wir in der Konzeptionsphase in einem partizipativen Prozess zusammen mit Erwachsenen und jugendlichen Expert*innen drei Punkte identifiziert, mit denen die Prüfung starten soll: Die Kinder- und Jugendrechte in Hessen unter Kindern und Jugendlichen stärker bekannt machen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Hessen stärken und Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen in Hessen fördern.

Welchen Punkt schauen Sie zuerst genau an?

Kittel: Wir analysieren jetzt, ob die Kinder- und Jugendrechte überhaupt bei denen, die sie kennen müssten, bekannt sind, und zwar sehr konkret hinsichtlich der einzelnen Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechte der Konvention. Von bundesweiten Erhebungen her ahnen wir schon, dass es da – selbst 30 Jahre nach Inkrafttreten der Konvention in Deutschland - noch immer viel Luft nach oben geben wird. Wir werden dann erheben, ob Kinder und Jugendliche die Kinder- und Jugendrechte kennen, aber auch, wie es um die Kenntnisse innerhalb der Verwaltung steht. Dabei prüfen wir auch, ob die Kinder- und Jugendrechte Pflichtteil im Lehrplan von Schulen und Ausbildungs-Curricula sind.

© DIMR / webersupiran
Welche Effekte kann das Monitoring haben?

Kittel: Unser Ziel ist es, die Landesregierung datenbasiert darüber zu informieren, wie hoch der Bekanntheitsgrad der UN-Kinderrechtskonvention in Hessen ist. Hierzu gibt es ja bisher keine Zahlen, sondern mehr ein „gefühltes“ Wissen. Wir werden der Landesregierung konkrete Vorschläge machen, wie sie die Kinder- und Jugendrechte unter Kindern und Jugendlichen noch besser bekannt machen kann. Dabei stützen wir uns auf die Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes und seine Erfahrungen aus dem internationalen Monitoring. Die Empfehlungen entwickeln wir auch mit Kindern und Jugendlichen als Expert*innen in eigener Sache. Denn am Ende geht es ja darum, die Umsetzung der Kinder- und Jugendrechte in Hessen weiter zu verbessern.

Ist die Umsetzung der Kinder- und Jugendrechte vor allem eine Geldfrage?

Kittel: Ja. Am Ende geht es darum, wie viele Ressourcen ein Vertragsstaat in die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention steckt. Gemäß Vorgaben aus Artikel 4 UN- Kinderrechtskonvention darf Deutschland keine Rückschritte machen und muss – nun zitiere ich aus Artikel 4 – „[…] unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel“ die Kinder- und Jugendrechte verwirklichen. Ich würde aber sagen, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vor allem eine Frage des politischen Willens ist. Die hessische Landesregierung hat in den letzten Jahren ihren Willen durch einige sehr grundsätzliche Entscheidungen deutlich gemacht: Die Kinder- und Jugendrechte wurden mit allen vier Grundprinzipien, und das hat sonst nur noch Bremen geschafft, in die Landesverfassung aufgenommen. Zudem wurde eine hauptamtliche Beauftragte für Kinder- und Jugendrechte als Stabsstelle im Ministerium für Soziales und Integration eingesetzt. Zusammen mit dem Monitoring sind damit genau die Strukturen geschaffen worden, die aus Erfahrung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes besonders fördernd wirken.

(B. Hildebrand)

Artikel 4 der UN-Kinderrechtskonvention: Verwirklichung der Kindesrechte

„Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte treffen die Vertragsstaaten derartige Maßnahmen unter Ausschöpfung ihrer verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit.“

Artikel 42 der UN-Kinderrechtskonvention: Verpflichtung zur Bekanntmachung

„Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Grundsätze und Bestimmungen dieses Übereinkommens durch geeignete und wirksame Maßnahmen bei Erwachsenen und auch bei Kindern allgemein bekannt zu machen.“

Artikel 44(6) der UN-Kinderrechtskonvention: Berichtspflicht

„Die Vertragsstaaten sorgen für eine weite Verbreitung ihrer Berichte im eigenen Land.“

Publikationen zu diesem Thema

Illustration eines tanzenden Kindes, das mit vielen bunten Bällen jongliert, daneben die Aufschrift "kinderrechte monitoring. hessen"

Ansprechpartner*innen

Walid Malik hat einen dunklen Bart und dunkle Haare. Er steht vor einer grauen Wand, trägt ein gelbes Oberteil und lacht in die Kamera.
© DIMR/B. Dietl
© DIMR/B. Dietl

Claudia Kittel

Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention

Telefon: 030 259 359 - 414

E-Mail: apitz(at)institut-fuer-menschenrechte.de

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