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30 Jahre „Asylkompromiss“: Der Schutz vor politischer Verfolgung ist eine völkerrechtliche Verpflichtung

© Hieronymus Ukkel/pixelio.de

· Pressemitteilung

Berlin. Anlässlich der am 6. Dezember 1992 vereinbarten Neuregelung des Asylrechts erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:

„Mit dem sogenannten Asylkompromiss wurde das Asylrecht in Deutschland in beispielloser Weise beschnitten. Auslöser war eine stark polarisierende politische Debatte über die hohe Anzahl von Asylsuchenden Anfang der 1990er Jahre, die insbesondere vor den Kriegen auf dem Balkan flüchteten. Anstatt die Aufnahme von Schutzsuchenden und einen effektiven Zugang zu Asyl in den Mittelpunkt zu stellen, reagierte die Politik mit Maßnahmen, die sich gegen die schutzsuchenden Menschen richtete.

Zeitgleich kam es zu einer Welle rassistischer und teilweise tödlicher Anschläge auf Flüchtlings- und Vertragsarbeiterunterkünfte sowie Privathäuser, bei denen die Polizei vielfach wegschaute und die Menschen schutzlos der Gewalt auslieferte. Diese Erfahrungen zeigen, wie Abschottungsreflexe und eine aufgeheizte polemische Debatte das gesellschaftliche und politische Klima vergiften.

In diesem Jahr haben rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, aber auch viele Asylsuchende aus anderen Ländern, Schutz in Deutschland gesucht. Und erneut gibt es in der politischen Debatte Stimmen, die eine verstärkte Grenzsicherung durch Deutschland und die EU fordern und Ressentiments gegenüber Schutzsuchenden schüren. Zugleich steigt die Zahl der Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und der rassistischen Übergriffe auf Geflüchtete. Diesen Entwicklungen sollten sich Staat und Gesellschaft entschieden entgegenstellen.

Gerade in Zeiten, in denen viele Menschen Zuflucht vor Krieg und autoritären Regimen suchen, müssen Deutschland und die Europäische Union Zugang zu Asyl und Schutz vor Krieg und Verfolgung gewähren. Das ist nicht nur Ausdruck einer humanitären Verantwortung, sondern eine völker- und menschenrechtliche Verpflichtung.

Das Grundrecht auf Asyl wurde 1949 aufgrund der Verbrechen der Nationalsozialisten und der Verfolgung und Vertreibung von Millionen von Menschen in das Grundgesetz aufgenommen. Trotz dieser Erfahrungen wurde im Mai 1993 mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Bundestag eine Änderung des Asylgrundrechts beschlossen, die das Recht auf Schutz vor politischer Verfolgung massiv einschränkte. Asylanträge sollten durch die Einführung einer Drittstaatenregelung nicht mehr in Deutschland geprüft werden müssen, sondern in den Transitstaaten, über die die Asylsuchenden eingereist sind.

Das Grundrecht auf Asyl gemäß Artikel 16a GG wurde damit so weit ausgehöhlt, dass heute kaum noch jemand diesen Schutzstatus erhält. Der europa- und völkerrechtliche Flüchtlingsschutz hat in der Folge diese Lücke gefüllt.

Flankiert wurde die Grundgesetzänderung von weiteren Verschärfungen im Verfahrens- und Sozialrecht. Es wurde das sogenannte ‘Flughafenverfahren‘ eingeführt, das stark beschleunigte Verfahren direkt am Flughafen für Asylsuchende vorsieht, die über den Luftweg einreisen. Zudem wurde mit dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Sonderrecht bezüglich der sozialen Leistungen geschaffen. Es sieht für Asylsuchende abgesenkte Sozialleistungen vor und gewährt nur einen eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung.“

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