Am 21. Dezember 2016 legte die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) vor. Damit kam sie einer Forderung der UN-Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Menschenrechte und der EU-Kommission nach, einen für Deutschland gültigen Umsetzungsplan für die 2011 vom Menschenrechtsrat verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNLP) zu entwickeln. Im NAP erläutert die Bundesregierung, wie sie ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung im Rahmen wirtschaftlicher Aktivitäten nachkommen will und was sie von deutschen Unternehmen hinsichtlich deren menschenrechtlichen Achtungsverantwortung erwartet. Ferner enthält der NAP Maßnahmen zu Abhilfe und Wiedergutmachung.
Der NAP setzt zunächst auf freiwillige Maßnahmen. Jedoch wird mit einem Monitoringverfahren überprüft, ob dies ausreicht: Laut der Zielvorgabe im NAP sollen mindestens 50 Prozent aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Mitarbeitenden bis 2020 die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Bleibt das Ergebnis des Unternehmensmonitorings hinter dem Ziel zurück, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen treffen. Die erste Erhebung von 2019 ergab, dass weniger als 20 Prozent der befragten Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten erfüllen. Die Ergebnisse der zweiten und letzten quantitativen Erhebung sind für Sommer 2020 angekündigt.
Die im NAP vorgesehene Studie zur Identifizierung von besonders relevanten Risikobranchen der deutschen Wirtschaft ist durchgeführt und wird derzeit ausgewertet. Die Automobilindustrie hat bereits ihren Branchendialog im Sinne des NAP begonnen, an dem die verschiedenen Stakeholder beteiligt sind.
Entstehungsgeschichte
Der deutsche NAP wurde unter Federführung des Auswärtigen Amts erarbeitet. In einer Konsultationsphase (2014—2015) wurde eine Steuerungsgruppe aus allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen an dem Erarbeitungsprozess beteiligt. Diese Steuerungsgruppe bestand aus sechs Ministerien sowie Vertreter*innen der Dachverbände von Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftsverbänden sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte war zusammen mit dem Unternehmensnetzwerk econsense am Erarbeitungsprozess des NAP beratend beteiligt. Im Frühjahr 2015 fertigte es für die Steuerungsgruppe eine Status-quo-Analyse an, das National Baseline Assessment (NBA). Diese präsentierte den Umsetzungsstand der UN-Leitprinzipien in Deutschland aus Sicht der Steuerungsgruppe, benannte Defizite und formulierte Prüfaufträge.
Das Institut bewertet in einer Stellungnahme den vorliegenden NAP – auch mit Blick auf die Prüfaufträge aus dem NBA – als wenig ambitioniert. Insbesondere sei die Spannung zwischen Verbindlichkeit und Freiwilligkeit nicht aufgelöst, ferner würden Inlandsthemen darin kaum behandelt.
Was macht das Deutsche Institut für Menschenrechte?
Das Institut setzt sich für eine weitereichende Umsetzung des Aktionsplans ein. So berät und forscht es unter anderem im Rahmen eines Projektes, das 2017—2020 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert wird, zu NAP-relevanten Themen und unterstützt das BMAS und seine Gremien bei der Umsetzung des NAP.
Im Mai 2017 wählte die Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte (AG) des CSR-Forums der Bundesregierung Michael Windfuhr, den stellvertretenden Direktor des Instituts, zu ihrem Vorsitzenden. Die Arbeitsgruppe berät die Regierung bei der Ausrichtung und Durchführung der Maßnahmen zur Umsetzung des NAP. Ihre im Konsens getroffenen Empfehlungen werden einem interministeriellen Ausschuss (IMA) vorgelegt, der die Entscheidungen zur Umsetzung des NAP trifft und verantwortet.