Aktuelles

Papiere von Anfang an – eine Geburtsurkunde erschließt den Zugang zum Recht

© Simone Hainz/pixelio.de

· Meldung

Die Geburtsurkunde ist das zentrale Dokument, um die Identität eines Menschen nachzuweisen. Im Laufe eines Lebens gibt es zahlreiche Situationen und Ereignisse, die eine Geburtsurkunde zwingend erfordern. Sie muss zum Beispiel vorgelegt werden, wenn man heiraten, erben oder sich einen Reisepass ausstellen lassen möchte. Auch für viele Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge von Familien, wie etwa die Kinderbetreuung oder die Inanspruchnahme von Kinder- und Elterngeld, ist eine Geburtsurkunde Voraussetzung. Wenn Eltern für ihr neugeborenes Kind über einen längeren Zeitraum hinweg keine Geburtsurkunde erhalten, besteht die Gefahr, dass Fristen für die Kostenübernahme von medizinischen Routineuntersuchungen und Impfungen verstreichen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Geburtsurkunde den Zugang zum Recht eröffnet und zur vollen sozialen, politischen und gesellschaftlichen Teilhabe beiträgt.

Problemanzeigen von Eltern ohne Papiere

Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) sieht in Artikel 7 Absatz 1 vor, dass jedes Kind „unverzüglich“ nach seiner Geburt in ein Register einzutragen ist. Mit dieser Registrierung ist in Deutschland die Ausstellung einer Geburtsurkunde verbunden. Was „unverzüglich“ bedeutet, ist jedoch unklar, da weder der Text der UN-Konvention noch das deutsche Recht diesen Begriff konkretisieren. Eine Definition von „unverzüglich“ wird jedoch dringend benötigt: Seit der Einrichtung der Monitoring Stelle UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 2015 erreichen uns regelmäßig Hinweise auf monatelang verzögerte oder nicht erfolgte Ausstellungen von Geburtsurkunden. Davon betroffen sind in der Regel in Deutschland geborene Kinder, deren Eltern ihre Identität nicht mit amtlichen Dokumenten nachweisen können – zum Beispiel, weil sie aus ihrem Heimatland nach Deutschland geflüchtet sind. Die Problemanzeigen kommen dabei von Betroffenen selbst, aus der Flüchtlingssozialarbeit, aus der Anwaltschaft und insbesondere von den Fachverbänden der Hebammen und Kinder- und Jugendärzt_innen. Darüber hinaus hat auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes Deutschland mehrfach auf diese problematische Verwaltungspraxis aufmerksam gemacht, zuletzt im Staatenberichtsverfahren zur UN-KRK 2014.

Handlungsstrategien für die Praxis

Mit dieser Analyse möchte die Monitoring-Stelle UN-KRK die Bedeutung von Artikel 7 UN-KRK beleuchten, die Auswirkungen einer verzögerten oder ausbleibendenden Ausstellung der Geburtsurkunden erläutern und Lösungsansätze für eine verbesserte Praxis aufzeigen. Im ersten Teil widmet sich die Publikation daher der Frage, warum die Geburtsurkunde als notwendiger Bestandteil der Geburtenregistrierung zu betrachten ist und welcher Zeitraum als „unverzüglich“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 UN-KRK anzusehen ist. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist auch deshalb besonders dringlich, weil staatliche Stellen in Deutschland nach Kenntnis der Monitoring-Stelle häufig der fehlerhaften Annahme unterliegen, dass selbst Verzögerungen bei der Ausstellung von Geburtsurkunden von mehr als einem Jahr noch tolerabel seien. Im zweiten Teil der Analyse geht es um die konkrete Durchsetzung dieses Rechts in der Praxis. Ein von JUMEN e. V. im Auftrag des Deutschen Instituts für Menschenrechte erstelltes prozessrechtliches Gutachten bietet konkrete Handlungsstrategien für Rechtsanwender_innen und Betroffene. Dargestellt wird insbesondere wie das Recht auf eine Geburtsregistrierung  vor Behörden und Gerichten durchgesetzt werden kann. Damit soll langfristig erreicht werden, dass zukünftig jedes Kind, das in Deutschland geboren wird, eine Geburtsurkunde erhält und somit sein Zugang zum Recht gesichert ist.

Mehr zu diesem Thema

Zum Seitenanfang springen