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Menschenrechte als Kompass in und aus der Covid-19-Krise

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) im Gespräch mit Beate Rudolf (Deutsches Institut für Menschenrechte) und Markus Beeko (Amnesty International Deutschland) über Anforderungen an die Politik © DIMR

· Meldung

Die Bewältigung der Covid-19-Pandemie wirft eine Reihe menschenrechtlicher Fragen auf: Wie sind der Infektionsschutz und die Ausübung anderer Grundrechte in Einklang zu bringen? Wie wirken sich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie auf vulnerable Gruppen wie Kinder, Menschen mit Behinderungen, ältere, arme, geflüchtete oder wohnungslose Menschen aus? Wie lässt sich das Spannungsfeld zwischen menschenrechtlichen Pflichten von Staaten und Unternehmen einerseits und dem Patentrechtsschutz andererseits lösen? Und: Wie kann eine effektive und menschenrechtskonforme Pandemiebekämpfung künftig aussehen?

Über diese Fragen diskutierten Expert_innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bei einer sehr gut besuchten Online-Tagung am 31. Mai 2021. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit Amnesty International, Brot für die Welt, dem ECCHR und der Gesellschaft für Freiheitsrecht und statt.

Covid-19 als Herausforderung für den Rechtsstaat

„Die Pandemie muss in den Bahnen bekämpft werden, die unser Rechtsstaat vorgibt. Insbesondere nach den Vorgaben des Grundgesetzes.“ Dr. Ulf Buermeyer, Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte

„Das Grundgesetz, das Recht auf körperliche Unversehrtheit verpflichtet den Staat, die Menschen vor dem Virus schützen. Der Staat muss konkurrierende Grundrechte gegeneinander abwägen.“ Prof. Dr. Hans Hofmann, Leiter Abteilung Staats-, Verfassungs- und Verwaltungsrecht im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Staatliches Handeln in der Pandemie diskriminierungsfrei gestalten – Auswirkungen der Maßnahmen auf vulnerable Gruppen

„Schulschließungen waren sicher eine sinnvolle Maßnahme, allerdings wurden viele Gruppen benachteiligt. Zum Beispiel Kinder, die keinen Zugang zu WLAN hatten.“ Nele Allenberg, Leiterin Abteilung Inland/Europa des Deutschen Instituts für Menschenrechte

„In der nächsten Krise würde ich mir mehr Solidarität für die Ärmsten der Armen wünschen – den Obdachlosen auf der Straße.“ Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Berlin

„Covid 19 ist kein Gleichmacher, die Pandemie hat keineswegs alle Menschen gleich getroffen. Weltweit sind Schwarze Menschen und People of Color überproportional oft am Coronavirus erkrankt und gestorben.“ Ferda Ataman, Vorsitzende Neue Deutsche Medienmacher

Menschenrechtliche Maßstäbe für eine globale und faire Verteilung der Covid-19 Impfstoffe

„Es gibt ein Recht auf Gesundheit! Alle Staaten, die den WSK-Pakt gezeichnet haben, sind verpflichtet, ihrer Bevölkerung das höchstmögliche Maß an Gesundheit zu ermöglichen.“ Dr. Miriam Saage-Maaß, ECCHR

„Es gibt kein Patentproblem, sondern ein Produktionsproblem. Beispielsweise durch Exportsperren für Impfstoffzutaten und durch fehlende Produktionskapazitäten.“ Dr. Ralph Nack, Partner Kanzlei Noerr

„Wir müssen Bedingungen schaffen, die es ermöglichen, dass Impfstoffe in vielen Teilen der Welt selbst hergestellt werden können.“ Archal Prabhala, AccessIBSA

Anforderungen an die Politik

„Das Aussetzen von Patenten ist ein wichtiger Schritt, um den globalen Schutz vor Corona zu gewährleisten.“ Susanne Hennig-Wellsow, Parteivorsitzende DIE LINKE

„Wir müssen Menschenrechte jetzt anders denken: Es gilt, Menschenrechte für alle Menschen überall umzusetzen. Das ist globale Solidarität.“ Wolfgang Kaleck, Generalsekretär ECCHR

„Meine Hoffnung ist, dass es Deutschland und Europa als globalen Akteur_innen gelingt, für Fragen der Klimakrise oder der Digitalisierung etwas aus der Coronakrise zu lernen.“ Markus N. Beeko, Generalsekretär Amnesty International Deutschland

„Impfgerechtigkeit muss auf allen Ebenen gedacht werden. Deshalb müssen wir uns darauf konzentrieren, den generellen Mangel an Impfstoff zu beheben, anstatt individuelle Interessen gegeneinander auszuspielen.“ Saskia Esken, Parteivorsitzende SPD

„Wir dürfen nicht nur die epidemiologischen Erkenntnisse der Krise in den Blick nehmen, sondern müssen auch die gesellschaftlichen Auswirkungen der Grundrechtseinschränkungen intensiv evaluieren.“ Nora Markard, Vorstand Gesellschaft für Freiheitsrechte

„Zum ersten Mal seit Einführung des Human Development Index muss ein Rückgang der globalen Entwicklung konstatiert werden. Viele Fortschritte sind durch die Pandemie zunichte gemacht worden.“ Klaus Seitz, Leiter Abteilung Politik bei Brot für die Welt

„Elemente der Daseinsvorsorge wie etwa die Gesundheitsversorgung sind Bereiche, in denen wir nicht rein nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln können.“ Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin Bündnis 90/Die Grünen

„In der Pandemie ist die Situation von Menschen mit Behinderungen nicht konsequent mitgedacht worden, was beispielsweise an der Impfpriorisierung zu sehen ist.“ Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte

Wie wirken sich Corona-Maßnahmen auf vulnerable Gruppen aus? Drei Persepktiven

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