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Institut bewertet Selbstbestimmungsgesetz als wichtiges Vorhaben, sieht aber Verbesserungsbedarf

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· Pressemitteilung

Berlin. Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt, dass das Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg gebracht worden ist, sieht aber noch erheblichen Verbesserungsbedarf des aktuellen Entwurfs.

„Mit dem Grund- und Menschenrecht der Betroffenen auf rechtliche Anerkennung der Identität geht die Verpflichtung des Staates einher, das einfache Recht dementsprechend auszugestalten“, erklärt Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. „Beim aktuellen Entwurf, der nun im Bundestag beraten wird, sehen wir allerdings erheblichen Verbesserungsbedarf.“

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz werde ein sehr wichtiges Vorhaben der Koalition umgesetzt: Die Regelung der rechtlichen Anerkennung der selbst bestimmten Geschlechtsidentität, so Rudolf weiter „Geschlecht ist eine zentrale Dimension der eigenen Identität. Die Neuregelung ist deshalb aus menschenrechtlicher Sicht dringend geboten. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es erforderlich, denn das Bundesverfassungsgericht hat weite Teile des noch geltenden Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt“.

Das Gesetz ziele auf eine Verbesserung und Vereinfachung ab – das gelte aber nicht für alle vom Gesetz betroffenen Menschen, erläutert Rudolf. „Intergeschlechtliche Menschen werden durch das Gesetz an einigen Stellen schlechter gestellt. Nach geltender Rechtslage müssen sie eine Erklärung zur Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister weder zwei Monate vorher beim Standesamt ankündigen, noch besteht eine einjährige Sperrfrist, wie der Gesetzesentwurf es vorsieht.“

Der Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes sieht verschiedene Regelungen vor, die Missbrauch verhindern sollen. „Die Befürchtung, Menschenrechte könnten missbraucht werden, rechtfertigt jedoch nicht die Beschränkung dieser Rechte“, erläutert Nele Allenberg, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa des Instituts. Hierauf habe auch der Unabhängige Experte der Vereinten Nationen zu dem Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, Victor Madrigal-Borloz, ausdrücklich hingewiesen. „Staaten sind vielmehr verpflichtet, wirksame Schutzmaßnahmen vor Diskriminierung zu ergreifen“, ergänzt Allenberg.

Als besonders problematisch betrachtet das Institut eine Verpflichtung der Meldebehörden, die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens an eine Vielzahl von Behörden, unter ihnen etliche Sicherheitsbehörden, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Bundesamt für Verfassungsschutz, weiterzugeben. „Diese Regelung widerspricht dem Grundsatz der Datenminimierung. Sie ist außerdem angesichts der Sensibilität und Schutzbedürftigkeit der Daten nur erlaubt, wenn sie erforderlich ist und wenn Vorkehrungen zum Schutz der Betroffenen bestehen“, stellt Allenberg klar.

Das Selbstbestimmungsgesetz soll künftig trans* und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären (TIN) Menschen, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag abweicht, ermöglichen, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen im Personenstandsregister durch Erklärung gegenüber dem Standesamt zu ändern, ohne sich zuvor einer Fremdbegutachtung oder einem Gerichtsverfahren unterziehen zu müssen. Nach seinem Inkrafttreten wird das SBGG das Transsexuellengesetz (TSG) ablösen, in dem das Verfahren bisher für trans* Menschen und – in analoger Anwendung – für nicht-binäre Menschen geregelt ist. Das SBGG wird außerdem das Verfahren für intergeschlechtliche Menschen nach § 45b Personenstandsgesetz (PStG) ersetzen.

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