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Erster Bericht Muslimfeindlichkeit mit Forschung zur Betroffenenperspektive

Der UEM gibt im Bericht konkrete Empfehlungen, wie gegen Muslimfeindlichkeit in Deutschland anzugehen ist. © BMI

· Meldung

Antimuslimischer Rassismus ist in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet und stellt ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. So lautet das Resümee des ersten Berichts „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz“ des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM), der vom Bundesinnenministerium im September 2020 in Auftrag gegeben und am 29. Juni veröffentlicht wurde. Der UEM hat in einer Arbeitsphase von zweieinhalb Jahren konkrete Problemlagen der Muslimfeindlichkeit in wichtigen Bereichen von Politik, Bildung, Medien, Kultur, Justiz, Verwaltung und Alltagsleben identifiziert, analysiert und Handlungsempfehlungen formuliert.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt diesen Bericht ausdrücklich, insbesondere auch, weil er der Perspektive der Betroffenen Raum gibt. Denn es liegen bisher wenige wissenschaftliche Studien darüber vor, wie Betroffene in Deutschland antimuslimische Ressentiments und Muslimfeindlichkeit erleben und welche Auswirkungen diese auf ihre Lebensrealitäten haben.

Erfahrungen mit Antimuslimischem Rassismus

In einem eigenen Kapitel „Erfahrungen mit Antimuslimischem Rassismus aus der Betroffenenperspektive“ kommen Menschen zu Wort, die von Antimuslimischem Rassismus betroffen sind sowie von den Auswirkungen negativ konnotierter, stereotyper Darstellungen muslimischer Lebenswelten in Medien, Bildungsmaterialien und politischen Diskursen. Ihre Erfahrungen müssen handlungsleitend werden, um das menschenrechtliche Diskriminierungsverbot zu verwirklichen.

Gegen institutionellen Rassismus

Der UEM gibt konkrete Empfehlungen, wie gegen Muslimfeindlichkeit anzugehen ist: Er fordert Bund und Länder auf, in der Beamt*innen-Ausbildung in Schule, Polizei, Justiz und Justizvollzug rassismuskritische Lehrinhalte zur Pflicht zu machen. Freiwillige Weiterbildungen allein könnten institutionellen Rassismus nicht eindämmen. Dem Bundestag empfiehlt er, die Ausbildung von Richter*innen um die Themen Antisemitismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu ergänzen.  

Das Deutsche Institut für Menschenrechte arbeitet zum Thema Strafverfolgung rassistischer, antisemitischer und rechtsmotivierter Gewalt und den Schutz der davon Betroffenen. In der Publikation „Rassismus in der Strafverfolgung. Von der Notwendigkeit struktureller Veränderungen“ werden Empfehlungen für strukturelle Veränderungen bei Polizei und Strafjustiz gemacht. Unter anderem sollten in Fortbildungen für Polizei und Justiz die Ermittlung rassistischer, antisemitischer und rechtsextremer Straftaten behandelt werden und der Schutz der Opfer solcher Taten Thema sein.

Zudem empfiehlt das Institut Anlaufstellen für Betroffene vorurteilsgeleiteter Straftaten bei Polizei und Justiz beziehungsweise Schwerpunktstaatsanwaltschaften in allen Bundesländern und Opferschutzkoordinator*innen in Staatsanwaltschaften und Landespolizei. Weitere Empfehlungen sind die Erstellung von Leitfäden zur Bearbeitung rassistisch motivierter Straftaten für Polizei und Justiz sowie standardisierte Opferschutzmaßnahmen, ähnlich wie im Bereich häusliche Gewalt beziehungsweise Sexualdelikte sowie die Einrichtung von Beschwerdestellen für Betroffene von diskriminierender, rassistischer Polizeipraxis, die institutionell und personell von Polizei und Innenministerien unabhängig sind und Akteneinsichts- und Inspektionsrechte haben.

Neue Narrative in der (Re-)Präsentation

Der UEM empfiehlt: Die Filmförderung soll Produktionen stärken, die vielfältige muslimische Lebenswelten zeigen – weg von einer negativ konnotierten Erzählweise in Zusammenhang mit Krieg und Terror hin zu repräsentativeren Storylines. An die Kultusministerkonferenz gerichtet, fordert der UEM die Überarbeitung von Lehrplänen und Schulbüchern, sodass darin muslimfeindliche Stereotype und Narrative keinen Platz mehr haben.  

Immer wieder hat das Deutsche Institut für Menschenrechte zur Diskriminierung von Muslim*innen sowie Menschen, die als solche wahrgenommen werden, Stellung bezogen. So zuletzt in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Einführung eines Kopftuchverbots in Schulen und Kinder- und Tageseinrichtungen in Sachsen: „Regelungen wie das in Gesetzesentwürfen oftmals diskutierte Kopftuchverbot in staatlichen Einrichtungen, die sich ausschließlich auf ‚das islamische Kopftuch beziehen‘ und in diesem Sinne auf bestimmte religiöse Gemeinschaften beschränken, sind verfassungs- und völkerrechtlich unzulässig.“

Antimuslimischer Rassismus betrifft laut UEM-Bericht aber auch Lernende und Lehrende in Hochschulen und in der außerschulischen Bildungsarbeit. Klar ist: Empowerment stärkt Handlungsmöglichkeiten. Wer über die eigenen Rechte informiert ist, kann sich besser gegen Diskriminierung zu Wehr setzen. Deshalb setzt sich auch das Institut seit Langem für die Stärkung von Menschenrechtsbildung in allen Bildungseinrichtungen ein.

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