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Erster Aktionsplan zur UN-BRK in Berlin – Abbau der Sondersysteme zu zögerlich

© Jonas Deister/Gesellschaftsbilder.de

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Der erste Berliner Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, geht aber beim Abbau der Sondersysteme nicht weit genug. Zu diesem Ergebnis kommt die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention, die in einer Stellungnahme eine Einschätzung des Aktionsplans vornimmt. Zudem regt sie eine Debatte des Aktionsplans im Abgeordnetenhaus und seine entschlossene Umsetzung unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an.

Die Berliner Landesregierung hatte im Januar dieses Jahres den „Berliner Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-BRK 2020-2025“ verabschiedet. Die UN-Behindertenrechtskonvention soll mit rund 200 Maßnahmen aus 13 Handlungsfeldern wie „Arbeit und Beschäftigung“, „Bildung“ oder „Mobilität“ umgesetzt werden.

Abbau der Sondersysteme wird nicht konsequent genug verfolgt

Mit dem Aktionsplan strebt die Landesregierung eine umfassende Umsetzung der UN-BRK in Berlin an. Die Verpflichtungen der UN-Konvention hätten jedoch an vielen Stellen nur oberflächlich Eingang in den Plan gefunden und ihre Kernanliegen würden nicht entschieden genug aufgegriffen, so die Monitoring-Stelle. So sieht der Plan bis zum Ende seiner Laufzeit – 2025 – beim Anteil der inklusiv beschulten Schüler_innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nur einen Zuwachs von fünf Prozent vor. 25 Prozent der betroffenen Schüler_innen sollen weiterhin segregierte Schulen besuchen. Damit würde der Umbau des Schulsystems in Zukunft weit langsamer voranschreiten als in den vergangenen Jahren. Menschenrechtlich sei dies nicht nachvollziehbar. Berlin schaffte außerdem zuletzt rund 100 zusätzliche Werkstattarbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen pro Jahr, statt den vom UN-Fachausschuss angemahnten Abbau der segregierten Systeme voranzutreiben. Auch im Bereich Wohnen lasse der Aktionsplan umfangreiche Maßnahmen vermissen, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen würden, ein selbstbestimmtes Leben außerhalb von Einrichtungen zu führen. Angesichts drängender Probleme seien weitreichende Maßnahmen zur Schaffung barrierefreien Wohnraums und inklusiver Sozialräume notwendig, so die Monitoring-Stelle.

Datenlage in vielen Bereichen schlecht

Daten und Erkenntnisse, die den Umsetzungsstand der Rechte von Menschen mit Behinderungen beschreiben, seien die Grundlage jeder behindertenpolitischen Planung. Nur so könnten bestehende Probleme erkannt und daran anknüpfend Ziele politischen Handelns festgelegt werden. Der Berliner Aktionsplan arbeite aber zu wenig mit empirischen Daten, betont die Monitoring-Stelle. Diese Schwäche solle durch eine verbesserte Teilhabeberichterstattung ausgeglichen werden.

Aus Sicht der Monitoring-Stelle sei wichtig, dass die Teilhabeberichterstattung weiter ausgebaut werde und neben amtlichen Leistungsstatistiken auch Daten zu den Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen umfasse. Dafür müsse sie mit ausreichenden Haushaltsmitteln ausgestattet werden. Der Berliner Teilhabebericht solle einmal pro Legislaturperiode erscheinen, jeweils vor der Erstellung des Aktionsplans, sodass die empirischen Erkenntnisse als Grundlage für die politische Maßnahmenplanung verwendet werden könnten.

Viele Ansätze für eine barrierefreie Verwaltung

Positiv hervorzuheben sei, dass der Aktionsplan viele Maßnahmen enthalte, die auf eine barrierearme Verwaltung abzielten. Es werde deutlich, dass die Landesregierung Schwachstellen in der Barrierefreiheit des eigenen Verwaltungsbetriebs anerkenne und nach Lösungen suche. Die meisten Maßnahmen bezögen sich allerdings auf einzelne Senatsverwaltungen. Leider sei die Chance verpasst worden, entsprechende Verbesserungen gleich flächendeckend in allen Senatsverwaltungen umzusetzen.

Debatte im Abgeordnetenhaus und entschlossene Umsetzung des Aktionsplans unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen erforderlich

Die Monitoring-Stelle empfiehlt eine Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus zu den Inhalten des Aktionsplans. Diese würde seinem Stellenwert als Regierungsprogramm der nächsten Jahre zur Umsetzung der UN-BRK in Berlin gerecht. Dabei sollten besonders auch Schwachstellen des Plans identifiziert werden, sodass dieser über seine Öffnungsklausel in der nächsten Legislaturperiode überarbeitet und erweitert werden könne. Die entsprechende Debatte solle gemäß des Partizipationsgebots der UN-BRK unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und ihrer Organisationen als Expert_innen in eigener Sache geführt werden.

Die Monitoring-Stelle begrüßt, dass die Landesregierung im Aktionsplan ausdrücklich das Vorhaben formuliert, Menschen mit Behinderungen im Umsetzungsprozess durch ein Beteiligungsverfahren systemtisch einzubeziehen.

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