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Jahrestag Machtübernahme Taliban Deutschland muss besonders schutzbedürftigen Afghan*innen weiter Schutz bieten und aus Fehlern lernen

Trotz Evakuierungsoperation im August 2021 und Aufnahmezusagen der Bundesregierung leben nach wie vor viele Ortskräfte und besonders schutzbedürftige Personen in akuter Lebensgefahr in Afghanistan. © Bundeswehr/Marc Tessensohn

· Pressemitteilung

Zum Jahrestag der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan am 15. August 2022 erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:

„Im Juni 2021 verließ die Bundeswehr nach fast 20 Jahren Militäreinsatz Afghanistan. Im August 2021 übernahmen die Taliban in Afghanistan wieder die Macht. Als direkte Folge des Umsturzes gerieten viele Menschen in akute Lebensgefahr – darunter viele Ortskräfte und andere besonders schutzbedürftige Afghan*innen, die für die internationalen Streitkräfte gearbeitet oder sich für die Verwirklichung der Ziele des internationalen Militäreinsatzes engagiert hatten. Hierzu zählen etwa Richter*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen, Kulturschaffende, ehemalige Sicherheitskräfte und Mitglieder der Regierung oder besonders gefährdete Mädchen und Frauen, die zum Beispiel eine öffentliche Rolle eingenommen haben.

Trotz einer Evakuierungsoperation des Auswärtigen Amtes direkt im Anschluss an die Machtübernahme und weiteren Aufnahmezusagen seitens der Bundesregierung leben nach wie vor viele Ortskräfte und besonders schutzbedürftige Personen unter Bedrohung und in akuter Lebensgefahr in Afghanistan.

Die Bundesregierung hat ihnen gegenüber grund- und menschenrechtliche Schutzpflichten, aus denen sich die konkrete Handlungspflicht ergibt, Ortskräfte, besonders schutzbedürftige Afghan*innen sowie ihre Angehörigen nach Deutschland in Sicherheit zu bringen.

Diese Schutzpflichten Deutschlands beruhen auf den im Grundgesetz und in menschenrechtlichen Verträgen verankerten Rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dabei ist für die Schutzverpflichtung die drohende Gefährdung ausschlaggebend. Die Ablehnung einer Aufnahmezusage, nur weil etwa das betroffene Kind volljährig geworden ist oder weil die Ortskraft bei einem Subunternehmer und nicht direkt bei einem Ministerium angestellt war, obwohl Lebensgefahr für die Betroffenen besteht, ist rechtswidrig.

Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, ein humanitäres Aufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen zu etablieren. Das ist zu begrüßen. Wie das Aufnahmeprogramm ausgestaltet wird, steht jedoch ein Jahr nach dem Umsturz immer noch nicht fest. Das ist angesichts der Lebensgefahr, in der sich Betroffene befinden, nicht hinnehmbar.

Es ist darüber hinaus dringend nötig, Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz und der verspäteten Rettung von Ortskräften auch für künftige Einsätze zu ziehen. Deutschland muss aus den Fehlern lernen und Schutzverpflichtungen gegenüber Ortskräften von Anbeginn des Einsatzes mitbedenken. Angesichts eines möglichen Abzugs der Bundeswehr aus Mali braucht es nun rasch ein Konzept zum Umgang mit gefährdeten Ortskräften.“

Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sind bisher 15.759 afghanische Ortskräfte, weitere schutzbedürftige Personen und ihre Familienangehörigen nach Deutschland gebracht worden. Insgesamt sollen 23.614 Aufnahmezusagen erteilt worden sein.

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